Corporate Newsroom #6
Eine Vollzeit-Corporate-Influencerin für OTTO, Newsroom-Einführung bei apetito und REWE, Polizeipräsenz in Social Media und weitere spannende Themen
Von heute auf morgen waren 94 Filialen dicht. Philipp Hohn und Roman Kaufmann berichten, wie das Marketing-Team von ROFU Kinderland mit der Coronakrise umgeht.
Wenn ein Händler von heute auf morgen 94 Filialen schließen muss, klingt das nach einer Katastrophe. Bei ROFU Kinderland sorgte Corona allerdings nicht für eine Krise im Marketing. Wie geht man kommunikativ mit dieser Situation um? Wie verändern sich Prozesse und Maßnahmen? Welche Kanäle werden wichtiger? Diese Fragen beantworten uns Philipp Hohn und Roman Kaufmann.
Dieser Artikel ist in der vierten Ausgabe unseres Magazins Corporate Newsroom erschienen, das ab sofort als kostenfreier Download zur Verfügung steht.
Die wichtigste Frage vorab: Wie geht es dem Unternehmen, der Marketing-Abteilung, den Mitarbeiter*innen und Ihnen persönlich nach mehreren Monaten Coronakrise?
Roman Kaufmann (RK): Ich denke, es geht uns ähnlich wie vielen anderen Unternehmen auch. Der Lockdown hat uns natürlich getroffen. Wenn 94 Filialen einfach so von einem auf den anderen Tag wegbrechen, ist das erst mal ein Schock. Glücklicherweise haben wir uns bereits relativ früh dazu entschlossen, unser Filialgeschäft mit einem Online-Shop zu ergänzen. Dadurch konnten wir einen Teil unserer Verluste auffangen. Unsere Mitarbeiter sind wohlauf, wir konnten keine Infektionsfälle verzeichnen und wir sind alle froh, dass bei uns im Moment wieder „Normalität“ angesagt ist. Wenn man mal von Maskenpflicht, Abstandsregelung und dergleichen absieht (lacht). (Das Interview wurde im Sommer 2020 geführt, als der Handel mit den bekannten Auflagen seine Filialen öffnen durfte. Anm. d. Red.)
Roman Kaufmann ist seit 2013 im Online-Marketing und E-Commerce beim rheinland-pfälzischen Spielwarenhändler ROFU Kinderland beschäftigt, der 94 Filialen im Südwesten Deutschlands betreibt. Seit Januar 2019 leitet er den Bereich Online-Marketing. Der gelernte Medieninformatiker begeistert sich für Design und Grafik.
Was waren die wichtigsten strategischen Fragen für die Kommunikation und das Marketing, als das Ausmaß der Krise absehbar wurde?
RK: Abgesehen von dem Wort „Krise“ hat sich die Fragestellung und die Entscheidungsfindung nicht von unserem regulären Tagesgeschäft unterschieden. Für uns war wichtig, die richtigen Kampagnen zur richtigen Zeit auf dem richtigen Kanal auszuspielen. Und die Frage: „Welchen Mehrwert kann ich dem Kunden bieten?“ Und das alles ist eben nicht nur ein Krisen-Thema.
Philipp Hohn (PH): Wir haben uns dazu entschlossen, so transparent wie möglich zu kommunizieren und offen über die aktuelle Situation zu sprechen. Wir haben Infomaterial bereitgestellt, mehrere Landingpages aus dem Boden gestampft und alle Kanäle mit eingebunden.
„Ein Tropfen zu viel Leichtigkeit und ein lustig informativer Post endet in einem infernalen Shitstorm.“
Roman Kaufmann
Gab es mehr Anfragen und Kontaktaufnahmen über die digitalen Kanäle, als die Filialen als Touchpoints nicht mehr zur Verfügung standen?
PH: Auf jeden Fall – und zwar nachhaltig. Die Anfragen über Facebook und unsere App sind in die Höhe geschnellt. Aber auch der klassische Weg per E-Mail wurde viel stärker frequentiert. Auch wenn die Filialen mittlerweile wieder geöffnet sind, werden unsere Online-Kanäle weiterhin in einem höheren Ausmaß angesteuert.
Welcher Kanal wurde am stärksten frequentiert?
PH: Auch wenn es kein Social-Media-Kanal ist, so ist der eindeutige „Sieger“ unser Online-Shop. Hier konnten wir Uplifts jenseits von Gut und Böse verzeichnen (grinst). Durch unsere breit aufgestellte Social-MediaPräsenz haben wir aber eine generell höhere Inanspruchnahme aller Kanäle feststellen können. Ein Gewinner lässt sich da nur schwer ermitteln.
Das „ROFU-Eigengewächs“ Philipp Hohn absolvierte beim Spielwarenhändler eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann, spezialisierte sich anschließend auf den Bereich Online-Marketing und ist heute mit dem Social-Media-Management für die Zentrale und die Filialen des Unternehmens betraut.
Wurde das Marketing- und Social-Media-Team während Corona mit Fragen konfrontiert, die sonst die Kolleg*innen vor Ort beantworten?
PH: Da Kundenservice ein Teil unseres Community-Managements ist, war das eigentlich nicht der Fall. Wir helfen unseren Kunden, wo wir können, und haben Glück, dass wir für neue Themen auf unsere Kolleg*innen aus dem klassischen Kundenservice zurückgreifen können.
Was waren die größten Herausforderungen im Social-Media- und Community-Management?
PH: Die wohl größte Herausforderung war vermutlich, den Informationsfluss nicht abreißen zu lassen. Wir wollten unsere Kunden immer auf den aktuellen Stand bringen und unseren Beitrag leisten.
RK: Gerade während einer Pandemie muss man Feingefühl an den Tag legen, wenn man Kampagnen fährt, die einen Bezug zur Krise haben. Da unterscheidet sich Covid-19 aber nicht von anderen schlimmen Ereignissen. Wir wollten informieren, aber uns war wichtig, das mit einer gewissen Leichtigkeit zu tun. Selbst in einer Krise wollen die Nutzer unterhalten werden. Der Alltag war und ist schon schlimm genug.
PH: Und genau das ist ein Tanz auf Messers Schneide.
RK: Genau. Ein Tropfen zu viel Leichtigkeit und ein lustig informativer Post endet in einem infernalen Shitstorm.
Hat die Krise den Content-Plan stark verändert?
PH: Teilweise. Wir mussten einige Kampagnen komplett canceln, da viele Events, Kinostarts und so weiter abgesagt wurden. Andere Kampagnen konnten zwar durchgeführt werden, mussten jedoch contentseitig angepasst werden. Wenn du zu Ostern Content bringst, der das Ziel hat, die Nutzer in unsere Filialen zu bringen, hast du ein Problem, wenn diese dann geschlossen werden. Glücklicherweise war es möglich, Ads, die auf den Besuch in der Filiale ausgelegt waren, schnell und einfach auf den Besuch unseres Online-Shops MIFUS.de umzubauen.
„Durch die zentralisierte Steuerung unserer Kanäle hatten wir immer alles im Blick.“
Philipp Hohn
Arbeiten Sie hauptsächlich mit Produktfotos, die Ihnen die Hersteller zur Verfügung stellen, oder produzieren Sie viel selbst?
RK: Das hält sich die Waage und kommt auch ganz auf die jeweilige Content-Strategie an. Natürlich nutzen wir die Assets der Marken, wenn wir deren Produkte in den Vordergrund rücken möchten. Aber wir sind uns auch nicht zu schade, ein witziges, viel zu verpixeltes GIF zu verwenden, wenn es zur Strategie passt, oder machen einen Schnappschuss mit unseren eigenen Smartphones. Unser Fotografen-Team erfüllt uns ebenfalls fast jeden Wunsch, wenn es darum geht, hochwertigen Content zu produzieren. Und ja – Schande über unser Haupt –, ab und zu nutzen wir auch diese bösen Stockfotos!
Ist der Arbeitsaufwand gestiegen?
PH: Der Arbeitsaufwand ist natürlich gestiegen. Aber in allen digitalen Bereichen. Social Media und Kundenservice haben – wie bereits erwähnt – enorm viele Anfragen erhalten, unser Online-Shop hat während der Zeit einen Besucher- und Umsatzrekord nach dem anderen erlebt und die Logistik wurde mit einer regelrechten Paketflut vor ganz neue Herausforderungen gestellt.
Mussten Sie auch personell etwas verändern?
RK: Nein, das hat ganz gut gepasst, auch wenn unser Team verhältnismäßig klein ist. Jeder hier ist erstklassig auf seinem Gebiet und liebt beziehungsweise lebt seinen Job. Auch wenn es mal nicht from-nine-to-five heißt.
Hat es sich in der Krise als Vorteil erwiesen, dass Sie die Social-Media-Auftritte aller Filialen zentral steuern?
PH: Klar. Durch die zentralisierte Steuerung unserer Kanäle hatten wir immer alles im Blick, ohne dass wir uns direkt auf den jeweiligen Plattformen aufhalten mussten. Gerade durch den Anstieg der Kundennachfragen und Kommentare über Facebook und Instagram ist es ein Riesen-Vorteil, wenn du alles in eine gebündelte Inbox bekommst. Aber nicht nur das, bei 94 Filialen in unterschiedlichen Bundesländern ist es wichtig, dass du den Content schnell und einfach dort platzieren kannst, wo er benötigt wird. Das war gerade durch die regionalen Beschlüsse auf Bundesland-Ebene eine große Arbeitserleichterung.
Werden Ihre Erfahrungen aus der Corona-Pandemie dazu führen, dass Sie langfristig etwas an der Organisation Ihres Marketings verändern?
RK: Gerade im Online-Bereich ist eine permanente Veränderung und die Weiterentwicklung der Strategien ein Muss. Aber wir müssen auch das Maximum aus den Tools herausholen, die wir nutzen. Wir wollen zukünftig die Nutzung unserer Content-Marketing-Plattform auf ein neues Level heben, um einfach noch besser, schneller und professioneller zu werden.
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